In der letzten Septemberwoche ergab sich nach langer Pandemie-bedingter Verzögerung die Möglichkeit, in Paris einige lose Fäden zur Edition der Kapitularien Ludwigs des Frommen aufzugreifen. Dies umfasste zunächst die Überprüfung einiger an den vorhandenen Farbscans allein nicht zu klärender Unsicherheiten anhand der Originalhandschriften, die in der Bibliothèque nationale de France aufbewahrt werden und die wir dort freundlichst einsehen durften. Es handelte sich dabei um die Handschriften Paris, BnF, Lat. 1458, 1567, 2718, 4419, 4638, 4761, 7561, 9654 und 12097.
Daneben konnten wir im Deutschen Historischen Institut (DHI) alte Unterlagen der Gallia Pontificia durchsehen. Deren Mitarbeiter hatten seinerzeit bei ihrer umfassenden Sichtung französischer Handschriftenbestände auch festgehalten, wenn ihnen weitere Quellen begegneten, die für künftige MGH-Editionen relevant sein konnten. Darunter befanden sich auch vereinzelte Hinweise auf uns bisher noch unbekannte, meist frühneuzeitliche Kapitularienabschriften. Unser herzlicher Dank gilt hierbei Prof. Dr. Rolf Große und den Mitarbeiterinnen des DHI für die kundige Beratung und großzügige Aufnahme.
Der dritte Programmpunkt unserer Reise schließlich hatte etwas ganz Besonderes zu bieten: Die Chance, den Text eines bisher nur fragmentarisch edierten Kapitulars ergänzen oder gar komplett wiederherstellen zu können. In der zum Teil stark beschädigten Handschrift Paris, BnF, Lat. 4788 findet sich u. a. das nur hier überlieferte “Münzkapitular” Ludwigs des Frommen (BK 147). Bislang war der Text dieser Handschrift besonders auf den letzten Seiten mit herkömmlichen Hilfsmitteln nicht mehr zu entziffern gewesen. Doch mithilfe neuartiger Multispektralaufnahmen besteht nun die Hoffnung auf eine Rekonstruktion des vollständigen Texts.
Vorbereitungen für eine Multispektral-Aufnahme von fol. 104r aus der Handschrift Paris, BnF, Lat. 4788.
Die Aufnahmen konnten während unseres Aufenthalts von Mitarbeitern des Centre for the Study of Manuscript Cultures (CSMC) der Universität Hamburg angefertigt werden, bedürfen allerdings noch der weiteren Aufbereitung am Computer, die wir nun mit Spannung erwarten. Wir möchten uns auch an dieser Stelle erneut bei Ivan Shevchuk und Dr. Olivier Bonnerot vom CSMC sowie bei Patrick Bramoullé und seinem Team vom Département Images et prestations numériques der Bibliothèque nationale de France vielmals für die engagierte Kooperation bei diesem Projekt bedanken!
S. Kaschke