Trier, Stadtbibliothek, 1362a/110a
Manuscript description according to Mordek
Repository
TrierStadtbibliothek
1362a/110a
Origin and history
Origin:
Um 1600
Provenance:
Domarchiv Trier; als Geschenk des Trierer Advokaten Leibfried seit 1819 in der Stadtbibliothek. Alte Standnr.: CXX.
Physical description
Material: | Papier |
---|---|
Number: | 578 foll. |
Condition: | Wegen Pilzbefalls war die Hs. im März 1993 nicht benutzbar. |
Columns: | 1 |
Binding: |
Pergamentumschlag |
Contents
Note:
Von einem Anonymus angefertigte, nicht als direkte Druckvorlage verwendete
Reinschrift des ersten Entwurfs der Antiquitates Annalium Trevirensium ...
Christoph Browers (posthumer und unvollständiger Druck Köln 1626, dessen
Erscheinen der Trierer Fürsterzbischof Philipp Christoph von Sötern zu
verhindern suchte, daher äußerst selten; Neuausgabe von J. Masen, Lüttich
1670) bis Buch XI, mit eigenhändigen Korrekturen des Verfassers († 1617);
der dazugehörige zweite Teil, die Bücher XII-XXII, werden heute in der
Universitätsbibliothek Bonn unter der Handschriftensignatur S. 413 verwahrt.
Das Autograph Browers ist in Cod. Bonn, Universitätsbibliothek, S. 412
erhalten, allerdings fragmentarisch ohne die ersten vier Bücher und ohne den
zweiten Teil, damit aber auch ohne das Kapitular, das gegen Anfang unter
Proparasceue inseriert ist.
Brower hatte das Werk schon 1591 fast
fertiggestellt, von der Capitulare-Übertragung hören wir erstmals 1606 in
einem Brief Marquard Frehers an Melchior Goldast (von Steinmeyer, S. 307).
Sollte die gängige Annahme einer Diskrepanz zwischen den Versionen
(lateinisch: Ansegis, althochdeutsch: Capitula legibus addenda, d. h.
Ansegis’ Vorlage) zutreffen, so schiene mir dies Beweis dafür, daß die
interlineare Form des althochdeutschen Textes nicht auf das
frühmittelalterliche Original, sondern auf einen späteren Bearbeiter (wohl
Brower) zurückgeht, der vermutlich auch die Angleichungen im Ansegis
vorgenommen hat. Auf welchen Text sich die marginale Provenienzangabe des
Korrektors in Cod. 1362a/110a, fol. 33v bezieht (ex M. S.
Bibliothecæ primariæ Eccles., im Anschluß an die eindeutig auf das
Lateinische zielende Randnotiz der ersten Hand: M.S. Lib.
4. Franc. Legum c. 18), muß offenbleiben; die Hs. der Trierer
Dombibliothek galt - nach einer brieflichen Mitteilung Schilters an Baluze -
schon 1682 als verschollen (vgl. de Chiniac, in: Baluze, Capitularia 1,
Praefatio, § LXXXII Anm. 1).
„Das Stück mag“ - so Jacob Grimm (zitiert
MGH Capit. 1, S. 379) - „in lothringischtrierischer Gegend um den Schluss
des neunten oder den Beginn des zehnten Jahrhunderts entsprungen sein“.
Dagegen datiert Tiefenbach das Trierer Kapitular, gleichfalls aufgrund
sprachwissenschaftlicher Kriterien, in die Mitte des 10. Jahrhunderts;
Entstehungsgebiet sei das südliche Moselfränkische, und hier sehr
wahrscheinlich Trier, wo sich Hss. der fränkischen Gesetzgebung befunden
haben (der in Cod. Trier, Stadtbibliothek, 2209/2328 erhaltene älteste
Bibliothekskatalog des Trierer Klosters St. Maximin aus dem endenden 11.
Jahrhundert notiert: libri duo de legibus Karoli et
aliorum imperatorum).
Die einzige bekannte, leider nur noch
fragmentarisch in einem Doppelblatt erhaltene althochdeutsche Überlieferung
der Lex Salica, 1850 gewonnen aus der Inkunabel Nr. 200’ (früher Nr. 1072)
der Trierer Stadtbibliothek und heute hier separat aufbewahrt (Mappe X,
Althochdeutsche und mittelhochdeutsche Fragmente, Nr. 1), entstand nach
Bernhard Bischoff etwa im zweiten Viertel des 9. Jahrhunderts in Mainz. Als
Ausgleich für die normannischen Zerstörungen des Jahres 882 soll Trier von
Mainz Hss. erhalten haben; möglicherweise kam die althochdeutsche Lex Salica
also schon im Zuge dieses spätkarolingischen Büchertransfers nach Trier und
diente dort den Übersetzern des Kapitulars als anregendes Beispiel (der liber Theutonicus des oben genannten St. Maximiner
Bibliothekskatalogs?). Dazu würde nicht passen, was Pertz, S. 97 f., mit
einem akrobatischen Rechenkunststück zu erweisen versuchte: die
ursprüngliche Zusammengehörigkeit der beiden Unikate. „Jede der vier Seiten
des Salischen Bruchstücks zählt 15 Zeilen, die Zeile 20-25 Buchstaben, das
ganze Doppelblatt also zwischen 1440 und 1800 oder durchschnittlich 1620
Buchstaben. Das Bruchstück des Ansegis im Druck 43 Zeilen von 36 bis 39
Buchstaben, also zwischen 1548 und 1677, also im Durchschnitt 1610
Buchstaben. Mithin ist der Umfang beider Bruchstücke einander gleich, und
man darf nicht daran zweifeln, daß beide zu einander gehören ... Beide waren
also Theile einer Rechtshandschrift, worin das Salische Gesetz und der
Ansegis zu bequemem Handgebrauche in einem Octavbande verbunden waren“. Nur
das Trierer Lex-Salica-Fragment hat im Blick die neue Monographie von G.
Simone, LS vs. LF. La traduzione frammentaria in antico alto tedesco della
Lex Salica e la sua base latina (Biblioteca del
Dipartimento di Lingue e Letterature Straniere Moderne dell’Università degli
Studi di Bologna 5, Bologna 1991) (mit Bibliographie).
In der
vielleicht einst Trierer Hs. Berlin Lat. fol. 378 (10./11. Jh.) mit Bedas
Historia ecclesiastica hat sich übrigens auf dem eingefügten Halbblatt 65bisv ein in der Leges-Literatur noch unbekanntes
Fragment der Lex Alamannorum (99, 20-25) aus dem 9. Jh. erhalten, vgl. A.
Fingernagel, Die illuminierten lateinischen Handschriften deutscher
Provenienz der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin 8.-12.
Jahrhundert. Teil 1: Text (Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz.
Kataloge. 3. Reihe: Illuminierte Handschriften 1, 1, Wiesbaden 1991) S.
92.
Bibliography
References:
- Pertz G 1858, S. 96-98
- Steinmeyer 1879-1922, S. 307 f.
- Müllenhoff - Scherer 1892, S. 363-365
- Christ 1937, S. 320 f.
- H. Knaus, Über die Urhandschrift von Browers Annales Trevirenses, in: Zentralblatt für Bibliothekswesen 56 (1939) S. 175-183 (grundlegende Studie)
- Tiefenbach 1975, S. 272-310 (keine neue Hs.!)
- Hehl 1987, S. 168 f.
Catalogues:
- M. Keuffer - G. Kentenich, Handschriften des historischen Archivs (Beschreibendes Verzeichnis der Handschriften der Stadtbibliothek zu Trier 8, Trier 1914) S. 29 f. Nr. 66
Images:
- Tiefenbach, Textzeuge, Abb. 1 und 2 nach S. 280 (foll. 33v und 34r)
Project-specific references:
- Die Werke Jacob Grimms. Bd. 6: Kleinere Schriften, nach der Ausgabe von Karl Müllenhoff und Eduard Ippel neu hg. v. Otfid Ehrismann (Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. Werke. Abt. I, 6, 1882, ND 1991) S. 420-422
- P. Piper, Die älteste deutsche Literatur bis um das Jahr 1050. (Deutsche National-Litteratur 1, Stuttgart 1885) S. 126
- W. von Unwerth und Th. Siebs, Geschichte der deutschen Literatur bis zur Mitte des XI. Jahrhunderts (Grundriß der deutschen Literaturgeschichte 1, Berlin u. Leipzig 1920) S. 233
- G. Ehrismann, Geschichte der deutschen Literatur bis zum Ausgang des Mittelalters (Handbuch des deutschen Unterrichts VI, I: Die ahd. Literatur, 2. Aufl. München 1932) S. 353 f.
- W. Braune, Althochdeutsches Lesebuch, fortgef. v. K. Helm, 17. Aufl., bearb. v. E. A. Ebbinghaus (Tübingen 1994) S. 45 f., 166
- Mordek 1995, S. 734-738
- Schmitz G 1996, S. 368 f.
- Heinen 2018, S. 132-138
Transcription
Editorial Preface to the Transcription
Transkriptionsvorlage: Ein gutes Online-Digitalisat in Farbe, das auf der Homepage des Projektes "Die ältesten deutschsprachigen Texte der Trierer Stadtbibliothek" zur Verfügung gestellt wird (www.trierer-handschriften.de; mittlerweile nicht mehr abrufbar).
Schreiber
Eine Hand des ausgehenden 16./beginnenden 17. Jahrhunderts, die sich gelegentlich selbst korrigiert, und ein späterer Korrektor.
Buchstabenformen
Die Hand um 1600 schreibt ein unziales D mit weitem Bogen nach links. Am Wortauslaut und nach einem Schaft-s benutzt er ein rundes s. Öfters erhält das Schaft-s unten eine Schlaufe, woraufhin es mit dem h leicht zu verwechseln ist. Das t ähnelt aufgrund eines Bogens oben häufig dem f. Neben dem v benutzt er u, das meistens eine Schleife trägt, sehr oft aber auch nicht. Sehr selten schreibt er ein w statt vu oder uu. Die Korrekturhand verwendet eine deutlich dunklere Tinte. Meistens ergänzte sie u- und i-Striche oder zog Buchstaben zur Verdeutlichung nach. Beides wurde in der Transkription stillschweigend übergangen.
Gliederungsmerkmale
Das Kapitel in zwei Sprachen fungiert in einem Trierer Annalenwerk als eine Sprachprobe im Rahmen einer kurzen Sprachgeschichte. Die Texte BK 182 (= moselfränkische Version) und BK 139 c. 6 (= lateinische Überlieferung) wechseln sich zeilenweise ab (nicht interlinear!), beginnend mit der althochdeutschen Fassung. Im Folgenden wurde diese Darstellungsweise aufgegeben und Fließtexte der jeweiligen Sprache in je einem Block bereitgestellt.
Benutzungsspuren
Am Rand befinden sich alternative Lesarten aus einer anderen (verlorenen) Überlieferung und Glossen, die mit einem Verweiszeichen markiert sind.
Sonstiges
Es sei hier noch einmal darauf hingewiesen, dass auf dieser Seite eine buchstabengetreue Transkription des althochdeutschen Textes geboten wird. Schreibfehler und Irrtümer des Kopisten können den originalen Lautstand gelegentlich verzerren.