Avranches, Bibliothèque municipale, 145
Beschreibung der Handschrift nach Mordek
Aufbewahrungsort
AvranchesBibliothèque municipale
145
Entstehung und Überlieferung
Entstehung:
12. Jh., 2. Hälfte (a. 1154/1186); geschrieben im Auftrag Roberts von Torigni, Abt des unweit Avranches' an der normannischen Küste gelegenen Klosters Mont-Saint-Michel (110v: Iste liber est Sancti michaelis de periculo maris, quem domnus robertus abbas fecit fieri; quicumque librum istum furatus fuerit, anathema sit)
Provenienz:
Wohl bis zur Aufhebung des Klosters (a. 1790) blieb die Hs. in Mont-Saint-Michel, wo sie Prior Laurent Hunault für Baluze hatte kopieren lassen. Alte Signaturen: Montfaucon Nr. 168 (Bibliotheca bibliothecarum manuscriptorum nova 2 [Paris 1739] S. 1359 C); n° 121 ; 4 0. 56
Äußere Beschreibung
Material: | Pergament |
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Umfang: | 114 foll. (I-II, 1-112) |
Maße: | 260 × 180 mm |
Schriftraum: | ca. 200 × 125 mm |
Lagen: |
III + 13 IV104 + (IV-2)110 + I112
Kustoden: I (8v)
bis XIIII (110v)
|
Zeilen: | 30 |
Spalten: | 1 |
Schrift: | gotische Minuskel |
Ausstattung: |
rote, grüne und blaue Initialen |
Inhalte
Anmerkung:
Die Collectio Ansegisi geht einerseits zurück auf die „Reimser Gruppe“ mit ihren typischen Addenda, vgl. zu dieser Klasse Cod. Sélestat 14 (104). Andererseits enthält sie Zusätze aus einer (oder mehreren) weiteren Quelle(n), die sich im Erscheinungsbild der Capitulationes oft als Nachtrag präsentieren und so wohl erst mit der Niederschrift des Codex in die Sammlung einflossen.
Eine Vorstufe des Abrincatensis wurde herangezogen vom Urheber der Epitome Ansegisi et Benedicti Levitae in Cod. Paris Lat. 3851.
Bibliographie
Literatur:
- Baluze 1677, Praefatio, § LXXVII (Codex S. Michaelis)
- Handschriften-Verzeichnisse, in: Archiv der Gesellschaft für Ältere Deutsche Geschichtskunde 8 (1843) S. 382 (L. Bethmann)
- Boretius 1897, S. XI
- Seckel 1914, S. 389-392
- Christ 1937, S. 313
- G. Nortier, Les bibliothèques médiévales des abbayes bénédictines de Normandie III: La Bibliothèque du Mont Saint-Michel, in: Revue Mabillon 47 (1957) S. 142 f., wiederabgedruckt in: dies., Les bibliothèques médiévales des abbayes bénédictines de Normandie (Bibliothèque d’histoire et d’archéologie chrétiennes, Paris 1971) S. 68 f.
- Eckhardt W 1959, S. 123 f.
- M. Bourgeois-Lechartier, A la recherche du scriptorium de l’abbaye du Mont Saint-Michel, in: Millénaire monastique du Mont Saint-Michel 2 (Paris 1967) S. 179
- B. Jacqueline, Les études juridiques au Mont Saint-Michel des origines au XVIe siècle, in: Millénaire monastique du Mont Saint-Michel 2 (Paris 1967) S. 266
- Dolezalek 1972, Bd. 1
- Mordek 1987, S. 383-385 u. ö.
- Schmitz G 1991, S. 88 f.
Kataloge:
- Catalogue général des manuscrits des bibliothèques publiques des départements 4 (Quarto Series) (Paris 1872) S. 500 f. (Taranne)
- Catalogue général des manuscrits des bibliothèques publiques de France. Départements 10 (Paris 1889) S. 66 f. (H. Omont)
Projektspezifische Referenzen:
Transkription
Editorische Vorbemerkung zur Transkription
Transkriptionsvorlage: Gutes Farbdigitalisat, das auf der Plattform BVMM bereitgestellt wird.
Schreiber
Die Haupthand schreibt eine gleichmäßige gotische Minuskel. Einige interlineare Nachträge stammen wohl von einem Korrektor, und nicht von der Haupthand selbst. Auffällig ist, dass die Kapitelzählungen häufiger und zum Teil mehrfach korrigiert wurden, wobei neben dem ursprünglichen Rubrikator mindestens eine weitere Hand am Werk war, die teilweise eine alternative Zählung neben die ursprüngliche, selbst bereits einmal korrigierte Zählung ergänzte, ohne die vorherige Zählung zu tilgen (z.B. fol. 28r.
Buchstabenformen
Gelegentlich v statt u. Doppel-i wird zur besseren Unterscheidung von u mit zwei nahezu waagerechten Haarstrichen versehen.
Gliederungsmerkmale
Farbige Initialen (rot, blau, zumeist alternierend), die mit roten Zierpunkten und -kreisen geschmückt sein können, und Kapitelnummern in roter Farbe.
Das Zusatzmaterial ist teilweise bereits von Beginn an fest in den Text der Ansegis-Sammlung, einschließlich in deren Kapitelverzeichnisse, integriert, teilweise sind aber auch Kapitelrubriken erst interlinear ergänzt worden, unter nachträglicher Modifikation der zuvor bereits ausgeführten Zählung der Rubriken. Vier Zusatzkapitel sind allerdings nur im Textblock selbst zu finden, nicht in der entsprechenden Capitulatio. Die Nachtragshand in den Kapitelverzeichnissen ist der Anlagehand sehr ähnlich oder gar mit ihr identisch. Auch die optische Gestaltung des Zusatzmaterials unterscheidet sich nicht von der des umgebenden Materials.
Zusätze in Ansegis Buch 1 (mit Capitulatio) Fol. 11r (BK 138 c. 7-8): Der bei Ansegis durch Augensprung in BK 138 vom Ende von c. 7 zum Ende von c. 8 eingetretene Textverlust wurde behoben, indem der Kern des in c. 7 ausgefallenen Textes am Schluss des BK 138 c. 7 entsprechenden Ansegis-Kapitels (1, 83) ergänzt wurde; c. 8 wurde dahinter als eigenes Kapitel (Ans. 1, [83]) ergänzt, gestaltet als eigener Absatz mit farbiger Initiale, ganz wie ein reguläres Ansegis-Kapitel, allerdings ohne Kapitelzählung. In der Capitulatio ist das Zusatzkapitel nicht aufgenommen, die Zählung verschiebt sich dort entsprechend nicht. Fol. 12v (BK 156 c. 1): Dieses Zusatzkapitel gehört zum Grundbestand der D-Gruppe ("Reimser Gruppe") von Ansegis. Es ist gleichfalls wie ein reguläres Ansegis-Kapitel gestaltet, hat keine Kapitelzählung und fehlt in der Capitulatio. Auf dem Seitenrand, wohl teilweise beschnitten und auf dieses Kapitel zu beziehen, die Notiz in roter Tinte: [..] eodem quo supra. Fol. 14r (BK 44 c. 17): Das Kapitel ist mit der Zählung CXVI (korr. aus CVI) in die reguläre Ordnung von Ansegis eingeschoben. In der Capitulatio (fol. 3va) ist die Rubrik zum Kapitel (mit gleicher Zählung wie im Text) interlinear nachgetragen worden, wobei die bereits ausgeführte Zählung der folgenden Kapitel dort entsprechend angepasst wurde. Die Kapitelzählung im Textblock scheint hingegen von Anfang an das Zusatzkapitel berücksichtigt zu haben. Fol. 15r (BK 39 c. 4): Das Kapitel ist ohne optischen Einschnitt in gleicher Zeile an Ans. 1, 134 angehängt; entsprechend hat es keinen eigenen Eintrag in der Capitulatio. Da Ans. 1, 134 mit BK 39 c. 3 identisch ist, hatte der Schreiber womöglich eine Einzelausfertigung von BK 39 vor Augen, in der c. 3-4 verschmolzen waren.
Zusätze in Ansegis Buch 2 (mit Capitulatio) Fol. 23v (BK 167 c. 2-3): Auch diese Zusatzkapitel gehören zum Grundbestand der D-Gruppe ("Reimser Gruppe") von Ansegis. Sie sind wie reguläre Ansegis-Kapitel gestaltet und nach Ans. 2, 32 (hier als XXXI gezählt) als XXXII und XXXIII eingefügt. Die Kapitelzählungen sind hier bereits seit Ans. 2, 30 (hier korr. zu XXIX) und bis zu Ans. 2, 37 (hier korr. zu XXXVIII) jeweils modifiziert, wobei die Korrekturen offensichtlich nicht von der Einfügung der beiden Zusatzkapitel ausgelöst wurden. In der Capitulatio (fol. 17ra) sind für beide Kapitel Rubriken mit gleicher Zählung wie im Textblock von Beginn an eingetragen; die Zählung war ansonsten auch in der Capitulatio, wohl bereits ab der Nummer XX, gestört und wurde bis zum Ende des Buchs nachträglich korrigiert.
Zusätze in Ansegis Buch 3 (mit Capitulatio) Fol. 26v (BK 44 c. 4): Das Kapitel ist ohne optischen Einschnitt in gleicher Zeile an Ans. 3, 3 angehängt; entsprechend hat es keinen eigenen Eintrag in der Capitulatio. Da Ans. 3, 3 mit BK 44 c. 3 identisch ist, hatte der Schreiber womöglich eine Einzelausfertigung von BK 44 vor Augen, in der c. 3-4 verschmolzen waren. Fol. 27v-28r (BK 44 c. 13 und 18): Ansegis selbst hatte BK 44 c. 13 und 18 leicht gekürzt als Ans. 3, 12-13 in seine Sammlung aufgenommen. Die beiden Zusätze hier ergänzen jeweils ohne optischen Einschnitt den von Ansegis jeweils ausgelassenen Schluss der Kapitel aus einer Einzelausfertigung von BK 44. Zählung und Capitulatio sind unverändert. Fol. 28r (BK 44 c. 9bis): Das Kapitel dürfte eine Variante des Schlusssatzes von BK 44 c. 9 darstellen; der Satz ist hier allerdings als eigenes Kapitel gestaltet (mit doppelter Zählung als XVI [korr. aus XVII?] sowie von anderer Hand daneben als XVII) und hinter Ans. 3, 16 eingefügt, welches BK 44 c. 22 entspricht. In der Capitulatio ist die Rubrik nachträglich interlinear eingetragen (gezählt als XVII), wobei die Zählung der folgenden Kapitel in der Capitulatio entsprechend revidiert wurde. Fol. 30r (BK 40 Inskription und c. 1): Das Kapitel ist mit der Zählung XXXIIII in die reguläre Ordnung von Ansegis eingeschoben. Dabei ist irrig die Inskription zu BK 40 selbst als Kapitelanfang von c. 1 gedeutet worden. In der Capitulatio (fol. 25vb) ist die Rubrik zum Kapitel (mit gleicher Zählung wie im Textblock) auf Rasur eingetragen. Fol. 30r-v (BK 40 c. 18-19): Die Kapitel sind ohne optischen Einschnitt zu einem Absatz verschmolzen, der wie ein reguläres Ansegis-Kapitel gestaltet und als XLII gezählt ist. In der Capitulatio (fol. 25vb) ist die nur auf BK 40 c. 18 bezogene Rubrik zu den verschmolzenen Kapiteln interlinear nachgetragen (mit gleicher Zählung wie im Textblock).
Zusätze in Ansegis Buch 4 (mit Capitulatio) Alle Zusatzkapitel im 4. Buch gehören zum Grundbestand der D-Gruppe ("Reimser Gruppe") von Ansegis. Fol. 37r (Ben. Lev. 1, 186): Das Kapitel ist hinter Ans. 4, 14 wie ein reguläres Kapitel eingefügt, gezählt als XV; auch in der Capitulatio (fol. 34vb) gehört es bereits zur Anlageschicht, ist dort allerdings als XVI gezählt. Fol. 39r (BK 156 c. 2-3): Die Kapitel sind ohne optischen Einschnitt zu einem Absatz verschmolzen, der wie ein reguläres Ansegis-Kapitel gestaltet und als XXVII gezählt ist. Eingefügt ist der Absatz hinter Ans. 4, 24 (hier als XXVI gezählt). In der Capitulatio (fol. 34vb) gehört die nur auf BK 156 c. 2 bezogene Rubrik (mit ungewöhnlich großer Initiale) zur Anlageschicht (mit gleicher Zählung wie im Textblock). Fol. 42v-43r (BK 167 c. 7): Das Kapitel ist hinter Ans. 4, 69 (hier als LXXII gezählt) wie ein reguläres Kapitel eingefügt, gezählt als LXXIII; auch in der Capitulatio (fol. 35va) gehört es bereits zur Anlageschicht (mit gleicher Zählung wie im Textblock).