Hamburg, Staats- und Universitätsbibliothek Carl von Ossietzky, Cod. 141 a in scrinio
Beschreibung der Handschrift nach Mordek
Aufbewahrungsort
HamburgStaats- und Universitätsbibliothek Carl von Ossietzky
Cod. 141 a in scrinio
Entstehung und Überlieferung
Entstehung:
9. Jh., 2. Hälfte (Mordek), 9. Jh., ca. 3. Viertel (Bischoff); Fulda (Mordek), Niederdeutschland (Corvey?) (Bischoff).
Provenienz:
Corvey (Besitzvermerk 14. Jh. auf p. I: Liber iste pertinet ecclesie corbeie. Liber Iuris); nach Fabricius Geschenk Friedrich Lindenbruchs (Lindenbrogs) († 1648) an die Hamburger Stadtbibliothek (Blume, S. 473), doch finden sich in der Hs. selbst keine Hinweise, die auf Lindenbruch als Besitzer der Hs. deuteten. Alte Signaturen: 89 (so Pitiscus; im systematischen Katalog um 1830 und später in der Literatur 83); jur. 2333a (nicht 2233a!).
Äußere Beschreibung
Material: | Pergament |
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Umfang: | 138 foll. (paginiert I, 1 -275) |
Maße: | 255 × 185-190 mm |
Schriftraum: | 190 × 120-140 mm |
Lagen: |
16 IV255 + V275
|
Zustand: | zahlreiche Blätter unten beschnitten, aber kein Textverlust |
Zeilen: | 26 (außer bei den Nachträgen) |
Spalten: | 1 |
Schrift: | vorbildlich klare, schön geformte karolingische Minuskel |
Ausstattung: |
meist rote Rubriken in Capitalis, selten in Unziale; rote Kapitelzahlen; einfache Initialen rot oder in brauner Texttinte |
Einband: |
weißer Pergamenteinband mit Blindprägung (17. Jh.) |
Inhalte
Anmerkung:
Vorzügliche Überlieferung der Kapitulariensammlung des Ansegis von 827,
verbunden mit den wenig jüngeren Wormser Kapitularien Ludwigs des Frommen
(Ansegis-Worms-Korpus, siehe bei Cod. Paris Lat. 10758) und dem Leges-Trio
Salica, Ribuaria und Alamannorum.
Sieht man von diversen Nachträgen
jüngerer Ansegis-Überlieferungen ab, so begegnen folgende Unikate im
Grundstock der Collectio Ansegisi und damit auch in Cod. Hamburg 141 a:
Capitula Karoli apud Ansegisum servata (a. 810/811?) (MGH Capit. 1, Nr. 70,
S. 169 f.), cc. 1-4 in Ansegis 3, 64-66 (auch im Liber Papiensis, siehe Cod.
Mailand O.55
sup.), cc. 5-6 in Ansegis, App. 2, 34-35; Capitula ecclesiastica
(a. 810/813?) (MGH Capit. 1, Nr. 81, S. 178 f.) in Ansegis 1, 140-158 und
App. 1, 30; Capitula missorum (a. 821) (MGH Capit. 1, Nr. 148, S. 300 f.) in
Ansegis 4, 1-12; Commemoratio missis data (a. 825) (MGH Capit. 1, Nr. 151,
S. 308 f.) in Ansegis 2, 25-27; Legationis capitulum (a. 826?) (MGH Capit.
1, Nr. 152, S. 309 f.) in Ansegis 2, 28; Capitula e lege Romana excerpta (a.
826?) (MGH Capit. 1, Nr. 153, S. 310 f.) in Ansegis 2, 29-30; Responsa
missis data (a. 826) (MGH Capit. 1, Nr. 155, S. 314 f.) als App. 3 des
Ansegis.
Bibliographie
Literatur:
- Pertz G 1835, S. 265 f.
- Bluhme 1838, S. 473-475
- Pardessus 1843, S. XLIV
- MGH LL 5 (1875-1889), S. 200
- Steinmeyer 1879-1922 Bd. 4, S. 465 (mit älterer Literatur)
- J. H. Gallée, Altsächsische Sprachdenkmäler (Leiden 1894), S. 211
- Boretius 1897, S. XVI
- Philologica Hamburgensia. Für die Mitglieder der 48. Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner ausgestellt von der Stadtbibliothek zu Hamburg (Hamburg 1905) S. 9 Nr. 32
- Christ 1937, S. 314
- Buchner 1940, S. 84
- Eckhardt K 1954, S. 34
- Eckhardt K 1958, S. 13
- Eckhardt K 1959, S. 11
- P. Lehmann, Corveyer Studien (Abh. München 30, 5, 1919) S. 39 u. ö., wiederabgedruckt in: ders., Erforschung des Mittelalters, Ausgewählte Abhandlungen und Aufsätze 5 (Stuttgart 1962) S. 135 f. u. ö. (mit älterer Literatur)
- Dolezalek 1972, Bd. 1
- Bergmann 1973, S. 35 Nr. 272
- B. Bischoff, Die Schriftheimat der Münchener Heliand-Handschrift, in: ders., Mittelalterliche Studien 3 (Stuttgart 1981) S. 115 Anm. 12
- Hoffmann 1986, Textbd., S. 151 u. ö.
- Kottje 1987, S. 374, 377
- E. Horváth, Friedrich Lindenbruch. Späthumanist und Handschriftensammler des 17. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Hamburger Bibliotheks- und Gelehrtengeschichte (phil. Diss. Hamburg 1988) S. 101-103
- McKitterick 1989, S. 52 Tab. A
- Philologica Hamburgensia II. Altphilologen in Hamburg vom 17. bis 20. Jahrhundert (bibliothemata 1, Herzberg 1990) S. 40.
- Schmitz G 1991, S. 84 f.
Kataloge:
- (handschriftlich) Codices manuscripti iuridici II, bearbeitet von M. Fr. Pitiscus (um 1790) S. 188.
Abbildungen:
- J. H. Gallée, Old Saxon Texts. Facsimiles of Manuscripts (Leyden 1895) Tafel VII (p. 132)
- Nachzeichnung: MGH LL 1, Taf. IV, 5 nach S. XXIV.
Projektspezifische Referenzen:
- Mordek 1995, S. 153-157
- Schmitz G 1996, S. 92
- Bischoff 1998, S. 311, Nr. 1495
- Bergmann 2005a, S. 629-630, Nr. 272
- Hartmann W 2008, S. 95 (Anm. 188), 96 (Anm. 196), 97 (Anm. 206), 332
- Patzold 2014, S. 73
- Patzold 2015a, S. 466
- Coumert 2023, S. 15, 385-386
- Bibliotheca legum regni Francorum manuscripta, Karl Ubl (Hrsg.) unter der Mitarbeit von Dominik Trump und Daniela Schulz, Köln 2012 ff.
Transkription
Editorische Vorbemerkung zur Transkription
Transkriptionsvorlage: gut lesbare s/w-Scans vom Mikrofilm. Nach Erscheinen des farbigen Online-Digitalisates wurde die Transkription punktuell geprüft.
Schreiber
Die gesamte Hs. ist, bis auf Nachträge aus dem 10. Jh. auf S. 157-159 und S. 274-275, von einer Hand des 9. Jh., ca. 3. Viertel geschrieben (Bischoff 1998, S. 311, Nr. 1495). Kleinere Korrekturen sowie viele der Kürzungsstriche erscheinen auf dem Digitalisat blasser als der Rest des Textes, dennoch besteht kein Anlaß dazu, dahinter eine zweite Hand zu vermuten.
Buchstabenformen
Einzelbuchstaben: Buchstabenbestand bis auf das 3-förmige g unauffällig.
Ligaturen: außer Verwendung von et weitgehend ligaturenfreie Schrift.
Besonderheiten: Kapitelüberschriften in Capitalis rustica, die Auszeichnungsbuchstaben zu Beginn eines neuen Kapitels variieren zwischen Capitalis und Unziale.
Abkürzungen
Der Schreiber verwendet insgesamt sehr wenige Abkürzungen. Diese beschränken sich auf die herkömmlichen Kürzungen für esse, per-, Kontraktionskürzungen (dei, nostra) sowie enklitisches –que und Nasalstrich am Wortende. Die Abkürzung cap wurde mit capitulo (bzw. der entsprechend grammatisch erforderlichen Form) aufgelöst. Der Schreiber nahm öfters Korrekturen vor, bei denen er den korrekten Buchstaben klein über den zu ersetzenden schrieb, ohne letzteren zu tilgen. In diesen Fällen wurden nur dort Anmerkungen gesetzt, wo die Korrektur nicht sicher zu bestimmen ist.
Interpunktion
Es finden media distinctio, punctus versus und punctus elevatus Verwendung.
Gliederungsmerkmale
Die aufeinanderfolgenden Kapitellisten BK 191-193 sind separat durchgezählt und beginnen mit eigenen Inscriptiones. Bei BK 192 werden die cc. 11-12, 15 und 13 der BK-Edition zu einem einzigen Kapitel mit der Nr. XI zusammengefaßt. Bis auf die Überschrift zu BK 192 (S. 148 Z. 23: ITEM ALIA CAPITVLA, in roter Farbe) sind die Inscriptiones zu den Listen jedoch nicht optisch hervorgehoben, sondern in normaler Minuskel mit brauner Tinte geschrieben, so daß der neue Textabschnitt im Schriftbild und -fluß nicht sofort erkennbar ist. Erst nachträglich sind die Anfänge der neuen Listen mit einem waagerechten Strich auf dem Seitenrand kenntlich gemacht worden, bei BK 193 ergänzt durch ein die Kapitelnummer I hervorhebendes Paragraphenzeichen. Die Kapitelliste BK 188 schließt ohne eigene Inscriptio, aber mit neu einsetzender Kapitelzählung direkt an die vorangehende Liste BK 193 an. Hierbei markiert kein waagerechter Strich am Rand den Texteinschnitt, aber sowohl die I als auch die V wurden durch Paragraphenzeichen hervorgehoben.
Die optische Betonung der Kapitelanfänge durch Anfangsinitialen ist nicht einheitlich erfolgt; im transkribierten Textteil finden sich lediglich auf S. 149 sowie auf S. 155-157 vergrößerte und mit dickerem Strich gestaltete Anfangsbuchstaben, die eindeutig als Initialen zu identifizieren sind. Die übrigen Kapitel beginnen nur mit leicht vergrößerten Majuskeln, die nicht als Initialen codiert wurden.
Die Kapitelzählung auf dem Rand erfolgte in roter Tinte.
Benutzungsspuren
Auf S. 151 steht am linken Seitenrand auf Höhe von Z. 22 ein Vermerk von anderer (etwa zeitgleicher) Hand, eingeleitet von einem monogrammartigen Zeichen auf Basis eines Majuskel-N (Nota?): Iudiciu[m] aque frigide int[er]dicatu[r], Bezug nehmend auf das in dieser Zeile beginnende Kapitel BK 192 c. 12, das hier nicht als eigenes Kapitel kenntlich gemacht ist. Unter dem Vermerk folgt ein weiteres Zeichen (Tironische Note?). Das gleiche, oben beschriebene Notazeichen steht auch am Rand von S. 146 Z. 17 zu BK 191 c. 5 Ita enim continetur... sowie am Rand von S. 152 Z. 6, auf Höhe der zweiten Zeile des ebenfalls nicht als eigenes Kapitel kenntlich gemachten BK 192 c. 13, an beiden Stellen jedoch ohne weitere Erläuterung.
Sonstiges
Pergamentschäden: Ein kleines Loch im Pergament auf S. 152/153 Z. 16 verursacht keinen Textverlust, da die Schrift ihm ausweicht. Auch auf S. 154/155 (auf Höhe von Z. 24/25) ist am Rand zur Bindung hin, aber außerhalb des Schriftspiegels, ein Pergamentloch. Dasselbe Blatt ist zudem knapp unter der letzten Zeile beschnitten, was aber ebenfalls keinen Textverlust verursacht.