Capitularia - Edition der fränkischen Herrschererlasse

Valenciennes, Bibliothèque municipale, 162

Beschreibung der Handschrift nach Mordek

Aufbewahrungsort
Valenciennes
Bibliothèque municipale
162
Sigle: Va
Digitalisat verfügbar bei Gallica

foll. 1-86

Entstehung und Überlieferung
Entstehung:

9. Jh., ca. 1. Hälfte bis Mitte; (Nord-)Frankreich (Mordek), etwa Fleury-Auxerre (?) (Bischoff)

Provenienz:

Saint-Amand (aus dem Besitz Hucbalds, 1930; vgl. den Saint-Amander Bibliothekskatalog des 12. Jh. in Cod. Paris Lat. 1850, ed. Delisle, Le cabinet des manuscrits 2, S. 450 n° 67). Alte Signaturen: A 93; 154 (B. 6. 83).

Äußere Beschreibung
Material: Pergament
Umfang: 86 foll.
Maße: ca. 182 × 127 mm
Schriftraum: 150 × 92 mm
Lagen: (nach Mikrofilm)
IV8 + III14 + 9 IV86; I88
Zeilen: 22
Spalten: 1
Schrift: karolingische Minuskel
Einband:

karolingischer Ledereinband

Inhalte
Anmerkung:

In Cod. Valenciennes 162 fassen wir, wenn auch nur bruchstückhaft, eine Überlieferung des Kapitulars Ludwigs des Frommen vom Jahre 825, die älter ist als der Boretius allein bekannte Cod. Wolfenbüttel Blankenb. 130 (siehe dort auch zum einstigen Gorzer Textzeugen) und zudem schwerlich von Ansegis abhängen kann. Werminghoff, MGH Capit. 2, S. XXVI vermutete unsere Hs. in Poitiers, eine Verwechslung, die wohl darauf zurückzuführen ist, daß die Bibliotheken von Poitiers und Valenciennes in demselben Band des Catalogue général behandelt werden. Der von Werminghoff gesuchte „Liber ms. Parthenonis S. Crucis, cui titulus est Testamentum S. Radegundis“, aus dem Jean Mabillon, Vetera analecta (Paris 2. Aufl. 1723) S. 150 f. das Capitulare de monasterio S. Crucis Pictaviensi druckte (= MGH Capit. 1, Nr. 149, S. 302), ist verschollen; vgl. P. Monsabert, Le “testament” de Sainte Radegonde, in: Bulletin philologique et historique (Années 1926/1927) S. 129-134 (zum Kapitular S. 131) (Überlieferung E bei K. H. Debus, Studien zu merowingischen Urkunden und Briefen. Untersuchungen und Texte 2, in: AfD 14 [1968] S. 56). Wir kennen nur eine Kopie des Mabillonschen Textes von der Hand Dom Martin Bouquets auf einem vergilbten Papierblatt in Cod. Paris, Bibliothèque Nationale, nouv. acq. Franç. 22211 (D. Bouquet, Actes divers II) (18. Jh.), fol. 317r-v.

  • 1r-74r
    Augustinus, De natura et origine animae libri quattuor (CPL Nr. 345; ed. C. F. Urba - I. Zycha, CSEL 60 [1913] S. 303-419).

  • 74r-86r
    Augustinus, Ep. 166 an Hieronymus (De origine animae hominis) (ed. A. Goldbacher, CSEL 44 [1904] S. 545-585, ohne Benutzung der Hs.). EXPLICIT; danach Großteil von fol. 86r unbeschrieben.

  • 86v
    (Von jüngerer Hand, etwa 9./10. Jh.) Hymne auf die Hl. Adalberga (Schaller - Könsgen, Initia carminum Latinorum, Nr. 8740).

Bibliographie
Literatur:
Kataloge:
  • J. Mangeart, Catalogue descriptif et raisonné des manuscrits de la bibliothèque de Valenciennes (Paris - Valenciennes 1860) S. 136-138
  • Catalogue général des manuscrits des bibliothèques publiques de France. Départements 25 (Paris 1894) S. 256 f. (A. Molinier)

foll. 87-88

Entstehung und Überlieferung
Entstehung:

9. Jh, wohl 2. Viertel (Mordek); (Mordek), 9. Jh, 1./2. Viertel (Bischoff); (Nord-)Frankreich (Mordek), Frankreich (Bischoff)

Provenienz:

Saint-Amand (aus dem Besitz Hucbalds, 1930; vgl. den Saint-Amander Bibliothekskatalog des 12. Jh. in Cod. Paris Lat. 1850, ed. Deusle, Le cabinet des manuscrits 2, S. 450 n° 67). Alte Signaturen: A 93; 154 (B. 6. 83).

Äußere Beschreibung
Material: Pergament
Umfang: 2 foll. (numeriert 87-88)
Maße: ca. 182 × 127 mm
Schriftraum: 150 × 92 mm
Lagen: (nach Mikrofilm)
IV8 + III14 + 9 IV86; I88
Zeilen: 20 (oben wohl unter Verlust von drei Zeilen beschnitten)
Spalten: 1
Schrift: karolingische Minuskel
Einband:

karolingischer Ledereinband

Inhalte
Anmerkung:

Obwohl vom Paläographischen her wohl nicht auszuschließen, dürfte das auf einem Lagenrest am Schluß der Hs. überlieferte Kapitularienfragment kaum ursprünglich zu den davorstehenden Werken Augustins über den Ursprung der Seele gehört haben.

  • 87r-88r
    Admonitio ad omnes regni ordines (a. 825), fragmentarisch von c. 4 (etwa Mitte) bis c. 6 (ohne den Schluß) und von c. 14 (Schluß) bis c. 15: <ela>borare studeatis et per uosmet ipsos - ad multorum und <at>que conc<ordia> - emendatum fiAT (MGH Capit. 1, Nr. 150, S. 303 Z. 41 - S. 304 Z. 20 [lückenhaft], S. 305 Z. 20-29); gelegentlich Korrekturen verderbter Stellen (Rasuren, interlineare Ergänzungen). Nach dem Ausmaß des Textverlusts zwischen foll. 87 und 88 zu urteilen, dürfte hier in der Mitte der Lage ein Doppelblatt verlorengegangen sein.

  • 88v
    Leer.

Bibliographie
Literatur:
Kataloge:
  • J. Mangeart, Catalogue descriptif et raisonné des manuscrits de la bibliothèque de Valenciennes (Paris - Valenciennes 1860) S. 136-138
  • Catalogue général des manuscrits des bibliothèques publiques de France. Départements 25 (Paris 1894) S. 256 f. (A. Molinier)


Transkription

Editorische Vorbemerkung zur Transkription

Transkriptionsvorlage: Ein von der Bibliothèque Nationale online bereitgestelltes hochauflösendes Farbdigitalisat.

Schreiber

zu fol. 87r-88r: Saubere karolingische Minuskel. Teilweise Vertauschung von b und p sowie von g und c. Wiederholt größere Zwischenräume, die, falls sie als Worttrennungen intendiert waren, von einem mangelnden Textverständnis zeugen (z.B. fol. 87r Z. 7 ut-tro-rum-que, Z. 9 nec-ligentiam, fol. 87v Z. 13 restau-ratione). Rasuren des Schreibers fallen gelegentlich so schwach aus, dass die Unterscheidung zwischen einer Rasur und einem verblassten Wort unsicher ist.

Buchstabenformen

zu fol. 87r-88r: Parallele Verwendung von doppelstöckigem und cc-a. Bei g der untere Bogen meist vollkommen geschlossen, gelegentlich aber auch weit offen. Ligaturen bei ex, or, st.

Abkürzungen

zu fol. 87r-88r: Keine ungewöhnlichen Abkürzungen. Die pro-Kürzung mit einem ausgeprägten Dorn am Bogen.

Interpunktion

zu fol. 87r-88r: Eine Interpunktion findet praktisch nicht statt, nur gelegentlich findet sich eine media distinctio.

Gliederungsmerkmale

zu fol. 87r-88r: Die fragmentarische Überlieferung verhindert genauere Aussagen zur ursprünglichen Textgliederung. Die drei abgedeckten Kapitelübergange (fol. 87r Z. 17 von BK 150 c. 4 auf c. 5, fol. 87v Z. 15 von c. 5 auf c. 6, fol. 88r Z. 4 von c. 14 auf c. 15) erfolgen jeweils mitten in der Zeile und ohne Kapitelzählung. Allein die leicht vergrößerten Majuskeln zu Beginn von c. 5 und c. 6 signalisieren einen gewissen Einschnitt.

Sonstiges

zu fol. 87r-88r: Beide Blätter oben beschnitten, unter Verlust von etwa 3 Zeilen. Brüchiges Pergament, z.T. verschmutzt und zerknittert. Tinte mehrfach verlaufen oder abgeblättert. Besonders fol. 88 mit mehreren Löchern und Rissen, die einzelne Buchstaben beeinträchtigen.

[fol. 87r] [1]
[BK 150 c. 4]
borare1* studeatis et per uosmetipsos et per uobis supiectos quantum ad uestrum ministerium pertinet nobis ueri adiutores in administratione mynisterii nobis commissi existatis ut in iudicio non condemnare pro nostra et uestra necligentia sed potius pro2* uttrorumque bono studio remunerari mereamur  
[BK 150 c. 4]
Et ubicumque per necligentiam abbatis aut abbatissę uel comitis siue uassi nostri aut alicuiuslibet [!] persone aut aliquod uobis difficultatis in hoc abparuerit obstaculum nostrae dinoscentiae id ad tempus insinuare non differatis ut nostro auxilio suffulti quod uestra auctoritas3* exposcit famulante ut4* decet potestatem nostra facilius perficere ualeatis  
1*
Aufgrund von Textverlust durch Beschnitt und Blattverlust setzt der Text hier am Zeilenanfang mitten im Wort ein.
2*
korr. aus q[†]
3*
korr. aus octoritas
4*
korr. aus in
[BK 150 c. 5]
De sacerdotibus uero ad uestram curam pertinentibus5* magnum adhibet studium et qualiter uiuere debeant et quomodo populis ad suam [fol. 87v] [...​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​...]6* facere studeant uestra pontificali auctoritate constringantur quicquid autem7* in illis a populis iuste reprehaenditur in exemplo proprię conuersacionis uestra prouidentiam nihil hominisbus uigilare8* debet solertia et sicut alias prohibetis nec de mansis ad ecclesiae luminaria9* datis aliquid10* accipiant sic et11* uos et uestri archidiaconi12* de eisdem13* mansis nihil accipiendum aliis exemplum14* prebeatis set potius ad hid [!] quod dati sunt seruire concedantur ut totum sicut dictum est in restauratione ecclesiarum et luminaribus uestros auctoritate studio cedere possit ·  
5*
korr. aus pertinen[†]ibus
6*
Aufgrund von Textverlust durch Beschnitt hier eine Lücke von ca. 3 Zeilen im Text (Mordek 1995, S. 746).
7*
u ergänzt
8*
Möglicherweise korr. aus hominis biuigilare oder evtl. gar aus ominis iuigilare. Der Schreiber hatte zuvor bereits einen Augensprung von ca. 20 Wörtern gemacht (gemäß BK: von vestra providentia zu vestra nihilominus), wodurch dem Satz kein Sinn mehr zu entnehmen war. Möglicherweise hatte er eine Vorlage vor Augen, die eine ähnliche Lesart wie das bei Schmitz 1996, S. 525 erwähnte nichil hominibus invigilare bot.
9*
korr. aus luminarea
10*
korr. aus aliquis; die beiden nach aliqui- folgenden Buchstaben -sd erscheinen gleichermaßen blass ausradiert wie an anderen Stellen, weshalb es trotz des schmalen, wie nachträglich in die Lücke gesetzten d evtl. auch keine Korrektur von aliquis zu aliquid sein könnte
11*
korr. aus ad
12*
korr. aus archiepiscopi
13*
korr. aus eis damnum
14*
l korr. (?)
[BK 150 c. 6]
Scole sane ad filios et ministros ecclesiae instruendos uel et docendos sicut nobis preterito tempore et15* atiniacum16* promisistis et uobis iniunximus in congruis locis ubi necdum perfectum est ad multorum [fol. 88r]  
15*
stark verblasst, möglicherweise radiert
16*
über ni ein wieder ausradierter Zusatz unklarer Bedeutung, evtl. rex oder rax oder ras
[BK 150 c. 14 BK 150 c. 15]
[...​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​...] que co[...​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​.​...]17* [Similit]er etiam uolumus ut omnes illis et illi omnib[..] [d]e comuni18* societate et [..]atu a nobis i[.]terrogati uerum testimonium sibi mut[u]o peribere possint · et si talis causa in qual[.]bet prouincia aut in aliquo comitatu orta fuerit quia ut ad inonorationem reg[ni] aut od commu[.]etiam19* num [!] pertineat que etiam sine nostram potestatem corrigi non possit nos diu latere non permitatis qui omnia deo auxiliant[.] corrigere debemus · Quia q[.]icquid actenus in his que ad pacem et iustitiam totius populi pertinet et honorem regni et communem h[u]tilitatem aut a nobis aut a uobis neclectum est debeamus deo auxiliante certare qualiter abhinc nost[r]o et uestro studio emendatum FIAT  
17*
Aufgrund von Textverlust durch Beschnitt und teilweise nach innen gefaltetem Pergament während der Aufnahme hier eine Lücke von ca. drei Zeilen im Text, wobei nur am Anfang und am Ende der dritten verlorenen Zeile noch einige Buchstaben zu entziffern sind.
18*
Ein etwaiger Kürzungsstrich über o könnte einem Loch im Pergament zum Opfer gefallen sein.
19*
ti korr. (?)