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Den Kern (foll. 1v-169r) der fraglos oberitalienischen Sammlung konstituieren außer dem Langobardenrecht fast alle Leges, die im Völkergemisch des Regnum Italiae Beachtung finden konnten (Ribuaria, Salica, Baiuvariorum, Alamannorum, Burgundionum), dazu - erst spät vor der letzten Lex - etwas römisches Recht in Form einer Teilüberlieferung der Epitome Aegidii der Lex Romana Visigothorum. Eingeleitet wird dieser Kern von den Mantuaner Kapitularien (a. 813) mit den vorangesetzten Miniaturen, abgeschlossen von der wohl nur wenige Jahre älteren 92-Kapitel-Sammlung (foll. 154r-164v; siehe dort mehr) mit angefügten Kapitularien der Jahre 801, 816, 781 samt Kanonesexzerpt (foll. 165r-169r). Deren jüngstes Stück, Ludwigs des Frommen Capitula legi addita, datiert vom 1. November 816 und dürfte Terminus ante quem für die Entstehung der gesamten vorausgehenden Collectio legum et capitularium sein, nicht nur der 92-Kapitel-Sammlung. Wenig später erfolgte die Niederschrift der Blätter 1v-169r, wohl nachdem König Bernhard, dessen Name fol. 2r unterdrückt scheint (damnatio memoriae?), im Dezember 817 abgedankt hatte († 17. April 818).
Ludwigs des Frommen Kapitularien der Jahreswende 818/819 (foll. 169v-180r) sind von einer anderen Hand kopiert. Weitere Schreiber arbeiteten am Ende des Codex (foll. 180v-184r mit den Olonneser Kapitularien Lothars I. von 822/823 und 825 samt Zusatz und dem Indiculus eorum qui sacramentum fidelitatis iuraverunt), alle in Oberitalien. Cod. St. Paul 4/1 gehört damit zu den seltenen Handschriften, an denen die sukzessive Ergänzung ihrer Sammlungen paläographisch noch sichtbar ist. Zur Verwandtschaft der Collectio capitularium Sancti Pauli mit anderen italienischen Kapitulariensammlungen siehe bei Cod. St. Gallen 733. Zur Nachwirkung am Ende von Cod. Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Chig. F. IV. 75 siehe dort.
I CP. - XI CAP. -
XII CAP. - XVIIII CAP. -
Kottje, Lex Alamannorum, S.
375 Anm. 10 die Vermutung W.-R.Schleidgens, Die
Überlieferungsgeschichte der Chronik des Regino von Prüm (Quellen und Abh.
zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 31, 1977) S. 50 Anm. 230, in Cod.
St. Paul 81/2 (10. Jh.), pp. 178 ff. liege wohl eine Kopie dieser
Lex-Alamannorum-Überlieferung vor.
Hänel, S. 3-136; zur Hs. S.
LXXVIII); anschließend Rest der Spalte leer.
Krusch,
Lex Bajuvariorum, S. 81), Lex Romana Burgundionum, Titel 17 (MGH LL
nat. Germ. 2, 1, S. 140 f.) und ohne Rubrik unmittelbar anschließend Lex
Burgundionum, Titel 48 (ohne den Anfang), 50 und 52 (Auszug) (MGH LL nat.
Germ. 2,1, S. 79 f., 80 ff.); DEO GRATIAS AMEN.
Es folgt - foll. 154r-164v - eine Kapitulariensammlung in 92 Kapiteln, deren sämtliche Texte, abgesehen von der Notitia Liutprandi, auf Karl den Großen und Pippin von Italien zurückgehen (jüngstes sicher zu datierendes Stück ist das Kapitular von Nimwegen a. 806); die Collectio dürfte noch zu deren Zeit entstanden sein, mit Sicherheit, wie der Gesamtcodex, in Oberitalien:
I-XXIIII -
XXV-XXXVII -
XXXVIII-LIIII -
LV -
Mit neuer Lage, auch dunkleren Inskriptionen und Kapitelrubriken beginnt:
LVI-LXVI -
LXVII-LXVIIII -
LXX-LXXII -
LXXIII -
LXXIIII-LXXVIIII -
LXXX -
LXXXI -
LXXXII -
LXXXIII-LXXXVII - Liutprandi notitia de actoribus
regis (a. 733), cc. 3-5, 1 -2 (MGH LL 4, S. 180-182).
LXXXVIII-XCII -
Anhang zur 92-Kapitel-Sammlung:
cap. II (c. 1 nicht numeriert, cc. 3-5 steht nur cap.) -
cap. I - cap. XIII -
Foll. 169v-180r sind von anderer Hand und mit brauner, nicht schwarzer Tinte geschrieben (hellgelbe Inskriptionen und Rubriken).
I-XXII -
I-VIII -
I-XXVI -
XXVIII -
XXVIIII -
Ab fol. 180v neue Hände (einspaltig):
I-XIIII -
Auf dem Rest der Rückseite von fol. 181 (mehr als die Hälfte), dessen
unterer Rand angeschnitten ist, steht nur der St. Pauler Archivstempel; dann
Handwechsel: Capl. I - Capl. XIIII -
Wiederum von anderer Hand, in mehreren Kolumnen eingetragen:
inop quoniam uiuit
(darüber D); zwei St. Pauler Archivstempel.
Rubriken und Inskriptionen (Unziale, Capitalis) zeigen sich meist in Orange,
foll. 159r-169r in dunkelbrauner bis schwarzer Texttinte, foll. 169v-180r in
hellem Gelb, um nach fol. 180v fast ganz zu verschwinden. Mit den Farben des
Frontispiz foll. lv-2r (von Hellgelb über Orange bis Rotbraun, Violett und
Schwarz) sind auch die stilistisch verwandten Initialen (oft mit
Vogelköpfen) und Capitaliszeilen am Anfang der einzelnen Leges und des
Kapitularienteils ausgelegt, ebenso einige kleinere Initialen
(Zusammenstellung bei Eisler).
Neuer heller Ledereinband um Holzdeckel
Provenienz: Andreas Adolph von Krufft, Hofrat an der geheimen Haus-, Hof-
und Staatskanzlei in Wien († 16. XI. 1793) (in der älteren Literatur oft
Kruf[f]t[i]sche Hs. genannt). Die verbreitete Ansicht, Fürstabt Martin
Gerbert von St. Blasien († 13. V. 1793) habe die Hs. aus Kruffts Nachlaß
gekauft (Hänel, Merkel, Krusch), ist chronologisch auszuschließen;
wahrscheinlich erhielt Gerbert die Hs. (leihweise?) zu Lebzeiten seines
Freundes. Infolge der Säkularisation kam sie mit Konvent und Bibliothek nach
St. Paul. Alte Signaturen:
Transkriptionsvorlage: Die Transkription wurde erstellt nach einem hochauflösenden Farbdigitalisat, das auf der Internetseite des Projektes "Carolingian Culture at Reichenau and St. Gall" zugänglich ist.
Capitularia. Edition der fränkischen Herrschererlasse:
Capitularia. Edition of the Frankish capitularies:
Die Transkription folgt den Richtlinien des Capitularia-Projektes:
The transcription adheres to the guidelines of the Capitularia
project:
Die Lokalisierung der Handschrift ist unsicher; nach Bischoff Oberitalien (Aquileia?), auch der Südosten Frankreichs (Pani 2006, S. 52) und Rätien (Pohl 2003, S. 428) wird in der Forschung diskutiert. Nach den jüngsten Studien von Esders/Haubrichs vermutlich in der Emilia Romagna entstanden, die Nachträge könnten nach Bassetti in Bobbio oder einem anderen Kloster der Region hinzugefügt worden sein (Esders 2022).
An der Entstehung der Handschrift waren mehrere Schreiber beteiligt, die
höchstwahrscheinlich einer gemeinsamen Schreibschule zuzurechnen sind (Buchner 1940,
S. 75). Die Vertauschungen von b/u bei den Schreibern des letzten, jüngeren Teils ab
Einzelbuchstaben: Die Haupthand (A) verwendet cc-a und einstöckiges a parallel. Die gelegentlich auftauchende i-longa hat eine weit nach unten ausgezogene Unterlänge, die nach links umgebogen wird. R hat Majuskelform.
Ligaturen: Es werden ct- und es-Ligaturen mit Überschlag verwendet. Diese Art der
Verbindung findet sich auch gelegentlich bei er (z.B.
Besonderheiten: Als Auszeichnungsschrift wird eine Capitalis mit unzialen Elementen eingesetzt.
Einzelbuchstaben: Der Schreiber (B) verwendet doppelstöckiges a. Am Wortbeginn wird
gerne unziales D geschrieben, ansonsten gerades d. Er schreibt ein rundes g mit
offenem unteren Bogen. Häufig findet sich auch i-longa am Wortbeginn und in der
Wortmitte. Vereinzelt begegnet ein rundes s im Wort (
Ligaturen: Außer der häufig verwendeten et-Ligatur weist die Schrift kaum Ligaturen
auf; gelegentlich findet sich eine ct-Ligatur mit Überschlag, gerne auch zwischen
Wörtern, die nicht zusammen gehören, z. B.
Besonderheiten: Als Auszeichnungsschrift wird eine Unziale verwendet.
Einzelbuchstaben: a ist einstöckig. Das gerade s hat fast keine Unterlänge. Hand C
verwendet kleine, auf das Mittelband konzentrierte Buchstaben mit sehr geraden
Schäften. Die Fahne des r verlängert er wellenförmig nach oben. Bei Hand D hat das c
gelegentlich einen Aufsatz (
Ligaturen: Hand C und D verwenden häufig Ligaturen, z.B. ae-, ei-, er-, et-, NT-,
ri-, ro-, st- sowie ti-Ligaturen; Hand E zusätzlich eine ss-Ligatur sowie an einer
Stelle eine ungewöhnliche nt-Ligatur, bei der der zweite Schaft des n von einem
diagonalen Strich durchkreuzt wird (
Fol. 169va-180rb: Der Schreiber verwendet außer dem Nasalstrich am Wortende kaum
Kürzungen. Als Kürzungszeichen fungieren in den Rubriken z.T. 2-3 übergeschriebene
Punkte (z.B.
Auf
Notazeichen auf
Bei den offenbar später nachgetragenen Kopien auf
Pergamentschäden: Ein kleiner, gekerbter Riss oder Einschnitt im Pergament, der sich
durch die